von Carsten Schwöbel

Das später „Klein Nürnberg“ genannte Haus kommt laut Johann Georg Battonn in den städtischen Urkunden bereits in den Jahren 1338-42 vor. Damals wird es als ein neues Gebäude erwähnt, das von Heile Starkerad erbaut worden war. Da dieser Neubau neben dem südlichen Zugang zum Glauburger Hof liegt, der zu dieser Zeit manchmal schon mit seinem später gebräuchlichen Namen Nürnberger Hof bezeichnet wird, wird das Haus „Nürnberg“ genannt. Ab dem 15. Jh. ist der Hausname dann „Klein Nürnberg“, was sich bis zur Zerstörung im 2. Weltkrieg auch nicht mehr ändern wird. Die Sitte, Häuser nach benachbarten, bekannten Anwesen zu bezeichnen, findet sich noch öfters in Alt-Frankfurt: Alten-Limpurg/ Klein-Alten-Limpurg, Braunfels/Klein-Braunfels, Großer/Kleiner Engel, Großer/Kleiner Laubenberg u. a. m. Mit dem benachbarten Nürnberger Hof hatte das Haus „Klein Nürnberg“ nie etwas zu tun.

1465 verkaufen Gelis von Elce gen. von Hagen und dessen Ehefrau Gudechin „Klein Nürnberg“ für 350 Gulden an die einflussreichen Patrizier Crafft und Claus Stalburg. Von 1488 bis zu seinem Konkurs 1501 wohnt hier der angesehene Tuch- und Spezereiwarenhändler Hans Guldenschaf d. J., der – so nachzulesen in der „Frankfurter Handelsgeschichte“ von Alexander Dietz – geschäftliche Beziehungen mit Venedig unterhielt. Venedig ist zu dieser Zeit das Zentrum des Handels mit sog. Spezereiwaren (Gewürze, Genussmittel, exotische Früchte, aromatische Öle, Seifen, Parfüm, Weihrauch usw.). Später ist „Klein Nürnberg“ im Besitz der Patrizierfamilie Humbracht.

1595 vermietet Maria, die Witwe des Modestin Humbracht, das Haus für 16 Jahre an die Augsburger Seidenhändler Simon Wial und Antonius Garb jeweils für die Fasten- und die Herbstmesse. Für 80 Gulden pro Messe nutzen die beiden Kaufleute die Läden des Erdgeschosses, die große und kleine Stube, sowie vier Kammern zur Unterbringung von acht Personen. Gleichzeitig gewähren die Mieter der Witwe Humbracht ein zinsloses Darlehen in Höhe von 1500 Gulden für den Neubau des vermutlich baufälligen Gebäudes, der dann im Stil der Renaissance ausgeführt wird und sich durch seine dreigeschossigen Wellengiebel auszeichnet. Auch für den Kunsthistoriker und „Altstadtvater“ Fried Lübbecke ist „Klein Nürnberg“ ein sehr typischer Bau aus der Zeit um 1600. Im 18. Jh. ist dann der Kaufmann und Ratsherr Johann Jakob Zwierlein Besitzer des Hauses.

1860 findet der Maler Carl Theodor Reiffenstein romantische Worte für das Haus und sein Treppentürmchen, „das in seinem obersten Stockwerk eine entzückende Aussicht auf die Stadt gewährt und die Bewohner des Hauses, welche durch Verhältnisse und Geschäfte an das dunkle und winkelige Haus gekettet sind – wie dies in früherer Zeit häufig der Fall war -, hinreichend entschädigt.

Weitere Besitzer des Hauses sind im letzten Drittel des 19. Jh. der Kolonialwarenhändler Clemm und in den 1920er-Jahren der Kaufmann Sesselmann.  Laut Adressbuch wohnen außerdem noch sechs weitere Mietparteien in „Klein Nürnberg“. Ab 1934 befindet im Erdgeschoß eine der vielen Altstadtkneipen. Da man das Gewölbe in der Gaststube fälschlich für spätmittelalterlich hält, bekommt sie den Namen „Kapellche“.

Der Inhaber preist sie als schönstes Apfelweinlokal Alt-Frankfurts an!